Erläuterung der Methode
Zirkuläre Fragen sind ein zentrales und mächtiges Werkzeug im systemischen Coaching, das darauf abzielt, die Perspektive des Klienten zu erweitern, indem die Dynamiken und Wechselwirkungen innerhalb eines Systems beleuchtet werden, um diese zu verstehen und zu verändern.
Diese Fragen untersuchen die Beziehungen und Interaktionen zwischen verschiedenen Personen und helfen, die Dynamik und Muster innerhalb des Systems zu verstehen. Anstatt sich auf die Ursache-Wirkung-Beziehungen zu konzentrieren, regen zirkuläre Fragen den Klienten dazu an, über die Sichtweisen und Reaktionen anderer Beteiligter nachzudenken.
Mit der richtigen Vorbereitung und Durchführung kann der Coach den Klienten dabei unterstützen, neue Perspektiven zu gewinnen und effektive Lösungen zu entwickeln.
Anwendung der Methode
Die Anwendung von zirkulären Fragen im Coaching erfolgt in mehreren Schritten:
Identifizierung des Themas:
Mögliche Themen könnte ein beruflicher Konflikt, eine familiäre Herausforderung oder eine persönliche Entscheidung sein. Wichtig ist dabei, dass eine andere Perspektive zu dem Thema eingeholt wird.
Inszenierung
Bei der zirkulären Frage kommt es auf die Inszenierung an. So wendet sich der Coach im Moment der Fragestellung vom Klienten weg, hin zum imaginären Gast und befragt diesen. Daraufhin wendet der Coach sich dem Klienten wieder zu und lässt diesen als den imaginären Gast antworten.
Formulierung der zirkulären Frage:
Der Coach stellt Fragen, die den Klienten dazu bringen, verschiedene Perspektiven einzunehmen.
Hier ein Beispiel:
Der Bruder (Tom) des Klienten (Alfred) wird befragt und in den Raum geholt. Der Coach wendet sich dem Bruder zu und befragt ihn wie folgt: Tom, wenn Du Alfred einen Tipp geben würdest für seine jetzige Situation, welcher wäre das?
Dann wendet sich der Coach wieder dem Klienten zu und sagt: „was würde Tom mir jetzt sagen?“ und lässt den Klienten als Tom sprechen
…was würde x mir sagen ist die entscheidende Fragestellung, damit der Klient immer aus der Perspektive des Befragten antwortet
Was könnten die Besucher für die Klienten tun:
… einen Tipp geben
… den Klienten in einer anderen Zeit beschreiben (wo es schon mal anders war)
… den Klienten einen erlebten Erfolg wiedererleben lassen
… den Klienten seine Stärken aufzeigen, über die er verfügt
… den Klienten seiner Ressourcen und Potenziale bewusst werden
Erkundung der Antworten:
Der Klient wird ermutigt, detailliert über die möglichen Antworten nachzudenken. Dies fördert die Reflexion und kann zu neuen Einsichten und Lösungsansätzen führen.
Reflexion und Integration:
Die gewonnenen Erkenntnisse werden reflektiert und in den weiteren Coaching-Prozess integriert. Der Coach unterstützt den Klienten dabei, diese neuen Perspektiven in konkrete Handlungen und Veränderungen umzusetzen.
Herausforderung in der Methode
Obwohl zirkuläre Fragen ein wirkungsvolles Instrument im systemischen Coaching sind, gibt es auch einige Herausforderungen:
Komplexität der Fragen:
Zirkuläre Fragen können komplex sein und Klienten, die nicht vertraut mit systemischem Denken sind, möglicherweise überfordern. Der Coach muss sicherstellen, dass die Fragen klar und verständlich formuliert sind.
Emotionaler Widerstand:
Das Einnehmen neuer Perspektiven kann emotionale Widerstände hervorrufen. Klienten könnten sich unwohl fühlen, wenn sie gebeten werden, sich in die Lage anderer zu versetzen. Der Coach muss sensibel vorgehen und einen sicheren Raum schaffen, in dem der Klient sich öffnen kann.
Zeitintensiv:
Die Exploration und Reflexion der Antworten auf zirkuläre Fragen können zeitintensiv sein. Der Coach muss den Prozess gut strukturieren und sicherstellen, dass genügend Zeit für eine tiefgehende Reflexion und Integration bleibt.
Unvorhersehbare Reaktionen:
Die Antworten auf zirkuläre Fragen können unerwartete und unvorhersehbare Reaktionen hervorrufen. Der Coach muss flexibel und anpassungsfähig sein, um auf diese Reaktionen angemessen zu reagieren und den Coaching-Prozess entsprechend anzupassen.
Notwendige Materialien
Für die Anwendung zirkulärer Fragen im systemischen Coaching sind keine speziellen physischen Materialien erforderlich. Jedoch können folgende Hilfsmittel den Prozess unterstützen:
- Notizbuch und Stift: Zur Dokumentation von Fragen, Antworten und Reflexionen.
- Whiteboard oder Flipchart: Um Gedanken visuell darzustellen und zu strukturieren.
- Aufzeichnungsmaterial: Optional kann eine Audio- oder Videoaufzeichnung des Coachings hilfreich sein, um die Reflexion zu vertiefen und den Prozess nachzuvollziehen.
Zeitaufwand
Wie bei allen systemischen Fragestellungen ist entscheidend, dass die Inszenierung, wie Durchführung mit der gebotenen Achtsamkeit und entsprechendem Zeitrahmen versehen ist. Es gibt keine grundsätzliche Empfehlung, wie lange die Methode dauern sollte.